Serie mit Oldtimer-Spezialist Alfred Noell
Wir haben in dieser Serie schon häufiger über kleine Stückzahlen bestimmter Automodelle berichtet, die entweder so exotisch waren, dass nur eine geringe Menge davon gebaut wurde oder die nur eine Marktlücke füllten. Von beiden profitiert die Oldtimer-Szene, denn heute sind sie sehr rar und wertvoll, weil nur wenige davon überlebt haben.
Man mag es heute kaum mehr glauben, aber es gab eine Zeit, da boten namhafte Automobilfirmen wie Opel und Ford keine Cabriolets an, weil man glaubte, in unseren Breitengraden würden die Leute lieber in einer Limousine fahren. Erst Jahrzehnte später warf man dieses Vorurteil über Bord. Das öffnete einigen cleveren Automobilfachleuten in den 1970er- und 1980er-Jahren aber die Tür zu Eigenbauten auf der Basis gängiger Fahrgestelle und Motoren. So zum Beispiel der Keinath KC 3 als Cabriolet, auf der Basis des Opel Ascona. Keinath war nur Insidern bekannt, als dieses Privatunternehmen in Dettingen/Erms 1983 daran ging, ein Cabrio zu entwerfen, das auch den Opel-Vorstand überzeugen musste. Ein solches Vorhaben konnte nur gelingen, wenn Opel voll dahinterstand, zumal das Cabrio auch über die Opel-Händler vertrieben werden sollte. Dieses gelang und der Keinath KC3 wurde dann in einer Kleinserie von immerhin 434 Stück gebaut.
Und einen solchen Keinath KC3 von 1985, mit 1,8 l und 115 PS, besitzt Dieter Budke aus Köln. Der in Grevenbroich geborene KFZ-Mechaniker, der später zur Berufsfeuerwehr ins Forschungszentrum Jülich wechselte, war schon längst mit dem Oldtimer-Virus infiziert und kannte die Geschichte der Firma Keinath sehr gut. Als er dann hörte, dass ein solches Fahrzeug in sehr gutem Zustand und mit einer besonderen Historie in der Nähe von Oslo zum Verkauf stand, war der Entschluss schnell gefasst: Der musste es sein! Aber es dauerte noch Monate, bis man sich finanziell geeinigt hatte, denn dem Verkäufer schwebte ein Hollywood-Preis vor. Das Besondere an diesem Keinath ist, dass es ein Einzelstück ist, welches in Oslo zum 70-jährigen Jubiläum der Firma General Motors in ganz Norwegen als Showstück bei allen Opel-Händlern zu besichtigen war und dementsprechend gut ausgerüstet ist. Auch außergewöhnlich: Wenn das Verdeck verstaut wird, beeinträchtigt das nicht das vorhandene Volumen des Kofferraums. Eine handwerkliche Meisterleistung.
Dieter Budke (58) ist seit 18 Jahren Typen-Referent bei der Alt Opel IG und dort zuständig für Corsa A, Tigra A und alle Keinath-Modelle. Mit seiner Partnerin Tanja Blum hat er nach dreijähriger Arbeitszeit 2015 ein umfangreiches Buch über die Firma Keinath im Eigenverlag auf den Markt gebracht, welches nicht nur die Historie der Firma beschreibt, sondern für Eingeweihte und Bastler jedes Blech und jedes Ersatzteil genau auflistet. Titel: Die Geschichte der Firma Keinath.
Experten schätzen, dass es von den Keinath KC3-Fahrzeugen europaweit nur noch 30 bis 40 Stück fahrbereit gibt. Diese werden natürlich gehegt und gepflegt und verlassen kaum noch ihre Garagen. Und wenn doch, dann nur bei schönem Wetter, um dann offen fahren zu können.