Arbeitsrecht und Strafrecht haben unterschiedliche Zielrichtungen. Begeht ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz Straftaten, kommen neben der Erstattung einer Strafanzeige eine ganze Palette arbeitsrechtlicher Sanktionen in Betracht.
Für die Frage, welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen, spielt die Frage, ob das Verhalten tatsächlich strafbewehrt ist, eine nachrangige Rolle: Maßgeblich für das Arbeitsverhältnis ist, ob dieses noch vertrauensvoll fortgesetzt werden kann.
Zunächst: Abmahnen
Neben der formlosen Ermahnung kommt zunächst die Erteilung einer Abmahnung in Betracht, mit welchem der Arbeitnehmer verdeutlicht, dass er das Verhalten missbilligt und arbeitsrechtliche Sanktionen für den Wiederholungsfalle drohen. Vorsicht: Einmal abgemahnt, ist dieser Vorwurf „verbraucht“, kann also nicht mehr als Kündigungsgrund verwendet werden.
Vertrauen zerstört? Verhaltensbedingte, ordentliche Kündigung
Hat ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers das Vertrauensverhältnis so stark beeinträchtigt, dass es nicht wiederhergestellt werden kann, bedarf es keiner vorherigen Abmahnung.
Bei besonders schwerer Pflichtverletzung: Außerordentliche Kündigung
Liegt eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung vor und ist dem Arbeitgeber nach einer Interessenabwägung ein weiteres Festhalten am Arbeitsverhältnis absolut unzumutbar, kann er das Arbeitsverhältnis außerordentlich, also fristlos kündigen. Das Gesetz sieht eine Frist von zwei Wochen gem. § 626 BGB vor, innerhalb derer die Kündigung ausgesprochen werden muss. Typischerweise sind Eigentumsdelikte gegenüber dem Arbeitgeber (zum Beispiel Diebstahl oder Betrug) hierunter zu fassen.
Sonderfall: Verdachtskündigung
Kann das Verhalten des Arbeitnehmers nicht bewiesen werden, reicht unter bestimmten Voraussetzungen zur Kündigung schon aus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dringend verdächtigt. Dann muss er aber den Arbeitnehmer über seinen Verdacht informieren und hierzu anhören. Diese Anhörung ist unerlässlich – eine Verdachtskündigung ist nur als ultima ratio möglich. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss vor Ausspruch der Kündigung alles ihm Zumutbare zur Aufklärung getan haben, insbesondere den betreffenden Arbeitnehmer auch angehört haben. Es empfiehlt sich, Zeugen hinzuzuziehen bzw. das Gespräch zu protokollieren.
Wichtig: Arbeitsrechtliche Sanktionen kommen nicht nur bei Straftaten im betrieblichen Bereich in Betracht. Begeht der Arbeitnehmer im privaten Bereich eine Straftat, kann dies einen Verstoß gegen vertragliche Nebenpflichten bedeuten.
Aktuell: Vorlage gefälschter Impfnachweise
Legt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber einen gefälschten Impf- oder Testnachweis vor, macht er sich nach der aktuellen Gesetzeslage strafbar. Nach der alten Gesetzeslage bestand im Hinblick auf die Verwendung von Impfnachweisen eine Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat mit der am 24. November 2021 in Kraft getretenen Gesetzesänderung auf die bis dato unklare Rechtslage zur Strafbarkeit gefälschter Impfnachweise reagiert. Täuscht der Arbeitnehmer den Status einer geimpften Person vor, dürfte dies als besonders grobe Pflichtverletzung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Darüber hinaus dürfte ein Recht zur außerordentlichen Kündigung auch erwogen werden, wenn die (Nachweis)-Pflicht beharrlich verletzt wird, also trotz – gegebenenfalls mehrfacher – Aufforderung und Abmahnung die Vorlage eines Nachweises oder einer Impfung verweigert wird, obwohl medizinische Gründe nicht entgegenstehen. Für den Arbeitgeber wird bei Impfausweisen oft nicht ohne Weiteres ersichtlich sein, ob es sich um Fälschungen handelt oder nicht. Besteht der begründete Verdacht, dass es sich um einen gefälschten Impfausweis handelt, sollte der Arbeitnehmer zu den erhobenen Vorwürfen und dem ermittelten Sachverhalt angehört und ihm dabei Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben werden.