Dass die Bürokratie für Unternehmen und Selbstständige abgebaut werden soll, ist eine nicht ganz neue Forderung. Jetzt aber schlägt das Kölner
Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Alarm. Es geht um eine neue Studie des IW, die zeigt, dass
36 Prozent der Soloselbstständigen darüber nachdenken, Deutschland aus diesem Grund zu verlassen. Das würde vor allem die IT-Branche
hart treffen.
Solo-Selbstständige sind meistens sehr flexibel, sie sind oft spezialisiert und gelten als besonders innovationsfreudig. Unter anderem sind auch viele IT-Spezialisten als Soloselbstständige unterwegs, unterstützen mit ihrem Spezialwissen als Freiberufler dabei, die Digitalisierung in deutschen Unternehmen voranzutreiben.
Doch nach einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) sollten bei einigen die Alarmglocken klingeln: 36 Prozent der Soloselbstständigen denken darüber nach, Deutschland zu verlassen und 27 Prozent wollen ihre Selbstständigkeit sogar wieder aufgeben. Besonders viele von diesen arbeiten als hochqualifizierte IT-Spezialisten. Der Hauptgrund: zu viel Bürokratie.
„Die enorme Bürokratiebelastung und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit stellen für viele Selbstständige eine erhebliche Hürde dar, ihre Tätigkeit in Deutschland fortzusetzen“, sagt Michael Hüther. Der Direktor des IW warnt: „Diese Entwicklung könnte insbesondere für die IT-Branche mit einem hohen Fachkräftebedarf gravierende Folgen haben und die Innovationsfähigkeit des Landes gefährden.“
Besonders prekär sind diese Studienergebnisse, da in der IT-Branche ohnehin der Fachkräftemangel besonders hoch ist. Der Statistikdienst Statista zählt für das Jahr 2023 rund 149.000 offene Stellen. 2022 waren es rund 137.000 zu besetzende Stellen. In einer Statista-Umfrage im Jahr 2023 gaben über die Hälfte der befragten Unternehmen an, dass insbesondere der Mangel an Fachkräften ein Hindernis für die Digitalisierung ist.
Die neue IW-Umfrage unter 6.300 Selbstständigen und Freiberuflern zeigt, dass mehr als ein Drittel der Solo-Selbstständigen über eine Abwanderung ins Ausland nachdenkt. Vor allem ein Grund wird dabei besonders häufig genannt: Das ist das aufwändige Statusfeststellungsverfahren, in dem geprüft wird, ob eine Person scheinselbstständig ist oder nicht. Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit gefährdet nicht nur die Verfügbarkeit wichtiger Fachkräfte, sondern auch die ohnehin rückläufige Selbstständigkeit in Deutschland.
Fast 60 Prozent der Selbstständigen, die ein Statusfeststellungsverfahren durchlaufen, geben an, dass sie dadurch wesentlich mehr Aufwand betreiben müssen, um neue Aufträge einzuholen; etwa ein Drittel verliert sogar Aufträge. Vor allem junge Selbstständige mit überdurchschnittlichem Gewinn und Geldreserven überlegen, ihre Selbstständigkeit aufzugeben oder ins Ausland zu gehen. Besonders stark betroffen sind junge, gut ausgebildete IT-Freelancer, deren Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind.